Nun sitze ich im ICE auf der Rückfahrt nach Frankfurt und denke über die 3 Tage re:publica nach. Ich frage mich, was ich aus diesen 3 Tagen mitgenommen habe.
Es war wieder größer, als im letzten Jahr, mehr Besucher, mehr Speaker, mehr Talks, mehr Themen, mehr Bühnen. Diese zunehmende Größe hat die Orga wieder super gemeistert und selbst den Witz über eine Netzkonferenz ohne Netz zur Urban Legend werden lassen. Auch der Open Space wurde, im Gegensatz zum letzten Jahr, mehr genutzt. Es wurden Workshops und BarCamps abgehalten.
Das Motto der re:publica war in/side/out und so manch einer der Besucher konnte damit nicht so ganz was anfangen. Wenn ich die Organisatoren aber richtig verstanden habe ist dies als Appell zu verstehen. Der Appell an uns (die Netzgemeinde, Blogger, Digital Natives oder welches Label wir uns / man uns auch immer anpinnt) die Kluft endlich zu überbrücken, endlich die Outsider der digitalen Welt zu erreichen, endlich das Schweigen zwischen Insidern (uns) und Outsidern (denen) zu brechen.
Dieses Schweigen, dieses nicht verstehen können oder wollen, erlebe ich selbst in meiner eigenen Familie. Ich bin im Grunde genommen der einzige, der das Internet halbwegs nutzt, für den es mehr ist als ein bisschen Youtube, Facebook und amazon klicken. Ich blogge, nutze twitter und dezentrale Netzwerke wie diaspora oder identi.ca, kenne IRC und XMPP. Ich habe auf meinem Webspace meinen eigenen Feedreader und mit piwik mein eigenes Statistik-Tool laufen.
Für mich ist das Netz Lebensraum. Es ist Teil meines Alltags. Es ist Quelle von Kultur, Musik, Texten, Kontakten, Inspirationen, Impressionen, Gedanken, Ideen, Freude, Trauer.
Für die anderen in meiner Familie ist das Internet irgendwie etwas seltsamen. Sie wissen, dass es dieses Ding gibt aber kennen tun sie es nicht. Sie haben keine PCs und stecken im Grunde genommen noch völlig in der analogen Welt. Wenn sie vom Internet hören, dann sind es immer die Horrorgeschichten der Totholz-Medien über beispielsweise gemobbte Kinder.
Die re:publica scheint vermehrt die nachfolgende Generation als Thema zu entdecken; also die Kinder/Enkel/Nichten/Neffen der Generation, die das digitale erschlossen hat, die das offene und freie Netz erschaffen und besiedelt hat. Wohl auch, weil diejenigen, die das Netz in den 90er und 2000er Jahren für sich entdeckt haben, nun selbst Eltern sind oder werden. Für deren Kinder ist das Digitale heute so alltäglich, wie dies für uns damals Fernsehen, Radio, Zeitung und Bücher waren.
Die Kinder der “Digital Natives” beherrschen schon im Kleinkindalter Smartphones und Tablets, ja manche lernen mit Programmiersprachen lesen und schreiben. Für diese Kinder sind Internet und digitale Technik heute so Alltag, wie es für uns – die Generation C64 – in den 70ern und 80ern die „alten“ Medien waren. Für die Kinder heute ist ein Gerät ohne Internet defekt, nicht in vollem Umfang nutzbar. Für sie ist Internet so normal, wie Strom, Wasser, Telefon.
Aber wie dürfen auch nicht die Kinder vergessen, deren Eltern nicht zu der Generation der digitalen Kolonisten gehören. Dort ist die Kluft zwischen den Netzkindern und deren Eltern noch viel größer, die Ängste und Befürchtungen noch viel massiver. Tanja und Johnny Haeusler haben diese Sorge in ihrem Vortrag überspitzt so formuliert:
- Die sich sorgen um Kinder, die zuviele Games spielen. Um Kinder, die zuviel spielen.
- Die sich sorgen um Jugendliche an Smartphones, die die ganze Zeit mit ihren Freunden plaudern. Um Jugendliche. Die mit ihren Freunden plaudern.
Aber auch hier lernen die Kinder, durch ihre Freunde und – für Kinder typisch – Versuch und Irrtum. Sie lernen dies im Zweifel ohne uns, ohne unsere Aufsicht, ohne unsere Zustimmung. Innovation without permission. Deshalb sind uns diese Kinder überlegen. Wir haben Angst vor Fehlern, für Kinder sind Fehler normal. Vielleicht, so die Erkenntnis aus manchen Vorträgen, sollten wir einfach mehr Vertrauen in die Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen haben. Das heißt nicht, dass wir sie alleine in die digitalen Welten aufbrechen lassen sollen, aber wir sollten uns auch nicht davor fürchten. Und wenn wir dann etwas von ihnen lernen können, sollten wir dies tun.
Fazit
Für mich wird es wohl eine re:publica 14 geben. Hoffentlich mit mehr Kontakten und mehr Gesprächen, auf alle Fälle aber werde ich bei ein paar Workshops teilnehmen und vielleicht sogar als Helfer mitarbeiten.
Höhepunkt waren für mich die folgenden Vorträge/Talks:
Die Videos der Vorträge sind auf YouTube im re:publica-Kanal zu finden, die offiziellen Bilder auf flickr.
Meine Fotos schiebe ich noch hier rein, wenn das Hochladen von Bildern endlich wieder problemlos funktioniert und der blöde Server mir dies nicht mehr laufend mit einem http-Fehler quittiert.