Persönlicher Rückblick auf den 30C3

Das CongressCentrum am Tag 0

Das CongressCentrum am Tag 0

Seit dem 30C3 sind nun ein paar Wochen ins Land gegangen. Ich hatte Zeit, mir ein paar Podcasts anzuhören und ein paar der Aufzeichnungen anzuschauen. Außerdem braucht es immer etwas, um die Eindrücke zu verarbeiten und alles einzusortieren.

Um es gleich vorweg zu sagen: Ich habe nicht alles geschafft, was ich mir für den Congress vorgenommen hatte (was aber auch eine echte Überraschung gewesen wäre).

Angereist bin ich am 26.12. – dem sogenannten Tag 0. Im CongressCentrum selbst waren die Aufbauarbeiten noch im Gange; so wurde noch letzte Hand an die Congress-Deko gelegt, die letzten Meter Seidenstraße wurden verlegt und die einzelnen Gruppen bauten ihre Assemblies auf.

An unserer Assembly schnappten wir uns Bernd, die Seidenstraßenbox, und machten damit erste Testläufe. So starteten wir unter anderem eine Testkapsel durch die Außenroute am CCH. Das Video davon kann hier bewundert werden. Zum Abschluss des Tages sind wir dann noch durch das CCH gelaufen und haben uns mit den Örtlichkeiten vertraut gemacht. Pro-Tip: Am Tag 0 kann man sich schon das Bändchen abholen und sich somit das Schlange stehen am Eröffnungstag sparen.

Tag 1 startete entspannt mit Frühstücken. Dadurch verpassten wir zwar die Eröffnungsveranstaltung aber diese konnte man eh nachschauen (auch das Intro-Video gab es mehrfach zu bewundern). Fast alle Vorträge wurden live gestreamt und als Aufzeichnungen später zum Download bereit gestellt. Die eigentliche Keynote war eh erst am Abend und ich wollte sowieso nicht so viel in den Vorträgen herum sitzen. Die Assemblies waren jetzt auch komplett aufgebaut und es gab mehr als genug zu bestaunen. Daher verbrachte ich den Tag hauptsächlich damit, über den Congress zu laufen, mir die Assemblies anzuschauen und auf der gemeinsamen Assembly vom CCCFFM und C3MA abzuhängen. Darüber hinaus mussten wir noch die Seidenstraße-Teststrecke aufbauen, damit die Leute ihre Kapseln testen konnten. Hatte die Kapsel den Testlauf bestanden und war ausreichend beleuchtet, gab es das C5-Zertifikat (Chaos Communication Congress Capsule Certificate).

Abends bin ich dann zur Keynote gegangen, auf der Glenn Greenwald über Skype(?) zugeschaltet war. Wäre er persönlich gekommen, der Saal wäre wohl ausgeflippt. So gab es “nur” stehende Ovationen.

Den Abschluss des Tages bildete dann die Hacker Jeopardy, welche eines der Klassiker des Congresses war. Ob es beim nächsten Congress wieder einen Jeopardy geben wird, hängt davon ab, ob sich Leute finden werden, die diese Tradition weiter führen wollen.

Tag 2 war geprägt von Vorträgen. In “Bullshit made in Germany” gab Linus Neumann einen Überblick über den Wahnsinn der aktuellen IT-Projekte der Bundesregierung, wie die de-mail oder der deutschen Industrie, wie der “Email made in Germany”. Im Vortrag “Die Bundesrepublik – das am meisten überwachte Land in Europa” referierte Joseph Foschepoth über die Geschichte der Überwachung in der BRD seit dem 2. Weltkrieg. Leider gibt es von diesem Vortrag keine offizielle Aufzeichnung. Am Ende des Tages stand noch der CCC-Jahresrückblick. Darüber hinaus war ich noch in dem Talk “We only have one earth“, in dem es um die Frage ging, ob die Menschen den Weltraum besiedeln müssen, um zu überleben.

Das Hamburger CongressCentrum

Das Hamburger CongressCentrum beim 30C3

Tag 3 war der Community-Tag. Zum einen gab es ein kleines Diaspora-Meeting. Wir trafen und am Stand der C3S und waren mehr, als gedacht. Auf Diaspora hatte sich vielleicht eine handvoll User gemeldet, insgesamt waren wir dann ca. 20-25 Leute, darunter Podmins, einfache Nutzer und Interessierte aber auch Leute von anderen Netzwerken, wie friendi.ca. Am Abend hat Faldrian mich für seinen Tagesrückblick rekrutiert und so hatte ich am 30C3 auch noch meinen ersten Podcast an der Backe ;)

Ein paar Vorträge habe ich auch noch besucht, als da wären:

  • ID Cards in China: Your Worst Nightmare: Kate Krauss, die als AIDS-Aktivistin arbeitet, schilderte in dem Talk, was ein einem totalitären System mit RFID-Karten möglich ist. Der Talk war sehr dystopisch. Positiv war, dass während der C&A-Session einer der Zuschauer die Frage stellte, ob man an ein paar dieser Ausweise kommen könne, um sich die Technik anzuschauen und was die eingebauten Chips eigentlich können. Kurz danach meldete sich eine Studentin aus den USA. Diese hatte noch ihren chinesischen Ausweis und bot an, diesen zur Verfügung zu stellen, da sie ihn nicht mehr benötigen würde.
  • Even More Tamagotchis Were Harmed in the Making of this Presentation: Der Vortrag ist eine Fortsetzung des Talks vom 29C3. Anschauen, es lohnt sich.
  • 2 Takte später: M·eik Michalke und Danny Bruder von der C3S (Cultural Commons Collecting Society) sprachen über den aktuellen Stand der Gründung der Genossenschaft und gaben einen Ausblick auf die ToDos in 2014 + 2015.
  • Sysadmins of the world, unite!: Der wohl umstrittenste Talk des Congresses, weil Julian Assange aus London zugeschaltet worden ist.
  • CounterStrike: Der Vortrag war eigentlich nur ein Lückenfüller, um für die Fnord News Show einen Platz im Saal 1 zu bekommen.
  • Fnord News Show: Einer der Klassiker des Congresses, in dem Frank Rieger und fefe das Jahr 2013 Revue passieren lassen. Kollektives Facepalmen war also garantiert.

Am letzten Tag waren die Batterien ziemlich leer, so dass ich den Tag, nach dem Auschecken aus dem Hotel, eher geruhsam angegangen bin. Im Grunde habe ich den Tag verbummelt und schon einmal die bereits verfügbaren Vorträge der ersten 3 Tage herunter geladen.

Von den Vorträgen am 4. Tag habe ich nur 2 Stück gesehen:

  • Amtliche Datenschützer: Kontrolleure oder Papiertiger?: Peter Schaar referierte als Ex-Bundesdatenschützer über die Rolle der Datenschutzbeauftragten: Welche Durchsetzungsmöglichkeiten haben sie? Wie ist ihr Verhältnis zur Zivilgesellschaft? Welchen Einfluss können sie auf europäischer und internationaler Ebene ausüben?
  • Security Nightmares – Damit Sie auch morgen schlecht von Ihrem Computer träumen: Frank Rieger und Ron über Pannen, Pech und Pleiten der IT-Sicherheit im Jahr 2013. Gruselig.

Nach den Security Nightmares musste ich dann schon zum Zug, so dass ich weder das Abschlussevent noch die Abschlussparty nach dem Congress besuchen konnte.

Sonstiges

Einer der genialsten Hacks auf dem Congress – von dem die meisten Besucher erst bei der Abschlussveranstaltung erfahren haben – war ein Kunstprojekt einer Theatergruppe, die als fiktive Anwerber einer Sicherheits-Firma auf dem Congress waren. Diese sprachen knapp 500 Leute an, ob diese nicht Interesse an einer Anstellung hätten. Von diesen 500 Angesprochenen hatten sich nur 2 auf ein Hinterzimmergespräch eingelassen. Zwischenzeitlich musste die Congress-Orga kurzfristig die Sicherheits-Engel einweihen, damit diese die Schauspieler nicht aus dem Gebäude werfen. Einzelne der Teilnehmer hatten die fiktiven Anwerber nämlich bei den Engeln angeschwärzt. In Anbetracht der doch zweifelhaften Präsenz von Sicherheitsbehörden oder deren Dienstleistern auf ähnlichen Veranstaltungen in den USA oder beim Camp in Holland im Sommer 2012 ist dies sicher beachtenswert.

Es gab mit den ChaospatInnen ein Projekt, dass an Erstbesucher des Congresses gerichtet und sehr erfolgreich war. Eine der Initiatorinnen hat nach dem Congress auch ein persönliches Fazit gezogen.

Fazit

Der 30C3 war mein 2. Congress, den ich besucht habe. Wegen der schlechten Nachrichten, die im Jahr 2013 so über die Ticker liefen (NSA, GroKo, Netzneutralität, u.s.w.), hätte die Stimmung sicher sehr gedämpft sein können. Ich konnte aber eher das genaue Gegenteil beobachten. Der Wille, sich gegen die Dystopie des Überwachungsstaates zu wehren war spürbar.

Dazu kam, dass wir uns den Congress nicht kaputt machen lassen wollten. Der Chaos Communication Congress ist das Event des Jahres und der Congress 2014 war einem 30sten Jubiläum absolut würdig. Für mich zeigte sich auch, dass der Congress im Grunde für alle offen und zugänglich ist, auch wenn es immer wieder gegenteilige Stimmen gibt.

Ich freue mich jedenfalls jetzt schon auf den 31C3. Mit der Gulasch Programmier-Nacht und den MRMCD (MetaRheinMain ChaosDays) gibt es aber dieses Jahr noch andere, sicher interessante Events.

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