Machen Spottdrosseln aus Werbespots Werbespott
Anders kann man nicht umschreiben, was der Deutschen Telekom im Angesicht ihrer Pläne, das Internet für ihre eigenen Profite kaputt zu machen, aus dem Netz entgegen weht.
Doch erst einmal der Reihe nach: Um was geht es?
Wie Netzpolitik bereits vor ein paar Monaten berichtete, will die Deutsche Telekom aus den bekannten DSL-Flatrates wieder Volumentarife machen. Dieses Vorhaben hat sich nun – völlig überraschend – mit einer Mitteilung auf deren Firmenwebseite konkretisiert.
Darin kündigt die Deutsche Telekom für Neuverträge ab den 02.05.2013 nun folgende Volumen-Grenzen an, ab denen der Internet-Anschluss auf 384kbit/s – das ist die 6fache ISDN-Geschwindigkeit – gedrosselt wird.
Tarife mit Geschwindigkeiten bis zu 16 Mbit/s: 75 GB
Tarife mit Geschwindigkeiten bis zu 50 Mbit/s: 200 GB
Tarife mit Geschwindigkeiten bis zu 100 Mbit/s: 300 GB
Tarife mit Geschwindigkeiten bis zu 200 Mbit/s: 400 GB
Großzügig nennt die Telekom dies “Integriertes Highspeed-Volumen”. (Nicht lachen, das meinen die ernst!!)
Laut Aussage der Telekom seien Altverträge von der Umstellung nicht betroffen, aber
- wer beispielsweise von 16Mbit auf 50 Mbit wechselt
- wer von Kupferleitung auf Glasfaser umgestellt wird
erhält damit einen neuen Vertrag und bekommt somit die Drosselung ab. Da die Telekom die alten Kupferanschlüsse nach und nach auf Glasfaser umstellt, bekommen spätestens hier alle Telekom-Kunden die neuen Verträge übergestülpt. Wenn die Telekom also sagt, dass Altverträge nicht betroffen seien, so entspricht dies nicht der Wahrheit (man könnte es auch als Lüge bezeichnen).
Die genannten Volumina (75-400 GB) klingen auf den ersten Blick recht großzügig bemessen, vor allem, wenn man dagegen hält, was wir vom Mobilfunk gewohnt sind – vermutlich spekuliert die Telekom sogar auf diesen Gewöhnungseffekt ihrer Kunden. Faktisch ist dies jedoch ein Witz. Natürlich reichen diese Volumina für Nutzer, welche nur ein bisschen herum surfen und E-Mails abrufen völlig aus. Aber wer Videos bspw. auf YouTube – ein 90 Minuten-HD-Film hat ca. 10 GB Datenvolumen – schaut, Fotos auf Plattformen wie flickr hochlädt, Cloud-Dienste benutzt, Home-Office betreibt, Musik über Streaming-Diensten nutzt oder auch einfach nur Kinder im Haushalt hat, wird sehr schnell diese Obergrenzen überschreiten.
Was dies dann für euren eigenen Internet-Anschluss heißt, könnt ihr euch über die Webseite drossl.de anzeigen lassen. Das Tool rechnet euch aus, wie viel von eurem Tarif ihr dann überhaupt noch nutzen könnt. Der Witz dabei ist: Je höher die gebuchte Bandbreite des eigenen Anschlusses ist, umso weniger effektive Leistung wird man überhaupt noch bekommen. Bei einem VDSL200 sind es nur noch schlappe 0,2%.
In diesem Zusammenhang noch von Drosselung zu sprechen, ist ein Witz. Im Grunde genommen ist es eher ein Erdrosseln des Internet-Zugangs der Kunden. Statt also endlich einmal den Netzausbau voran zu bringen, für den die Deutsche Telekom ja auch Subventionen erhält, machen die Telekomiker unsere Anschlüsse einfach nur kaputt.
Falls ihr euch nun fragt, was ihr dann mit den tollen VDSL-Tarifen der Telekom anfangen sollt, so ist die Antwort aus Sicht der Telekom ganz einfach: Deren tolle Angebote nutzen. Sprich: Ihr sollt nicht surfen und YouTube klicken sondern schön brav in die Glotze schauen (Stichwort: T-Entertain) oder aber, wenn ihr dann unbedingt meint Internet haben zu wollen, schön brav für die nötigen Zusatzvolumina zu löhnen.
So, und jetzt stellen wir uns mal gaaaanz dumm und fragen uns: Kannst du das noch einfacher erklären?
Sagen wir, ihr habt ein Auto, wie so viele andere Menschen in Deutschland auch. Ein schlauer Mensch hat nun errechnet, dass der Deutsche im Durchschnitt 400 km im Monat fährt. Ein weiterer schlauer Mensch hatte die Idee, alle Straßen in Deutschland zu privatisieren. Ein dritter schlauer Mensch hat festgestellt, dass man mit den privatisierten Straßen nicht so viel verdient, wie gedacht.
Nun hat jemand eine total dufte Idee. Jeder Deutsche darf im Monat nur eine bestimmte Anzahl an Kilometern fahren. Wer bspw. fast nur in der Stadt herum fährt, darf im Monat 200 km mit der erlaubten Geschwindigkeit von 50km/h fahren. Hat er die 200km aufgebraucht, wird das Auto auf 384 METER/Stunde abgebremst.
So macht Autofahren doch wieder richtig Spaß oder? Warte, es wird noch besser ;)
Damit das alles so funktioniert, muss sich jeder Autofahrer in Deutschland eine kleine Box ins Auto einbauen lassen. Diese zeichnet alles auf, was ihr im Auto so treibt; wie lange ihr fahrt und wohin, wie schnell ihr unterwegs seid, wo ihr das Auto abstellt und wen ihr sonst noch so damit fahren lasst.
Weil das so praktisch ist, unterstützt der Staat das sogar. Es dient schließlich gleichzeitig der Verkehrssicherheit und er braucht keine Radarfallen mehr aufzubauen und wenn das Auto geklaut wird, kann es die freundliche Polizei gleich orten. Und wenn ihr in der Stadt mal mit 55km/h unterwegs seid, bekommt ihr automatisch ein paar Tage später euer Knöllchen zugeschickt.
Achtung! Nun der Transfer: Auto -> Internet
Das ist im Internet so ähnlich. Anstelle der kleinen Box installiert sich der Provider etwas, dass DPI – Deep Paket Inspection – genannt wird. Damit kann er in eure Datenpakete hinein schauen und feststellen, ob ihr schön brav einen Film aus dem Exklusiv-Angebot der Telekom schaut, oder eines der bösen YouTube-Videos mit Katzen auf den Rechner ladet und letzten auf euer Datenvolumen anrechnen. Es muss ja alles seine Ordnung haben.
Der Staat findet das auch ganz toll. Denn damit kann euch endlich vor diesen ganzen bösen Dingen aus dem bösen Internet schützen und falls ihr versehentlich ein Lied von einer dieser bösen Seiten herunter geladen habt, bekommt auch die Abmahn-Industrie eure Adresse, damit ihr auch ordnungsgemäß abgemahnt werden könnt.
So macht Internet doch wieder richtig Spaß oder? Nein? Oh!
Naja, die Telekom hat da ja noch ein tolles Angebot nahmen Entertain!
Weitere Links zum Thema:
- Priska Pachuli hat auf Metronaut.de einmal aufgeschrieben warum Volumentarife scheiße sind und was die Netzneutralität damit zu tun hat.
- Warum die Argumentation der Telekom schlichtweg verlogen ist, hat Andre Meister auf netzpolitik.org ausführlich dargelegt.
- Wer nicht so viel lesen will, dem sei die 42ste Folge der Video-Postcastserie “Jung und Naiv – Politik für Desinteressierte” empfohlen. Dort erklärt Markus Beckedahl in 10 Minuten das Thema Netzneutralität und die Telekom-Drossel.
- Inwieweit die Art der Internet-Verträge Einfluss auf die private Vorratsdatenspeicherung hat, hat kattascha in ihrem Blog beschrieben.
- Die Telekomiker waren auch Thema in der Folge 62 von Logbuch Netzpolitik.
- Auch ein schöner Artikel: Gsohn legt treffend dar, warum der Widerstand gegen die #Drosselkom nichts mit Vorwahlkampf zu tun hat, wie der Telekom-Sprecher Philipp Blank uns in einem Deutschlandfunk-Interview glauben machen will und wieso auch und gerade der Lieschen-Müller-Haushalt zu den Verlierern gehört.
- Karlsdialoge #19 mit Markus Beckedahl über Netzneutralität und Telekomdrosselung – 1stündiges Podcastgespräch
Weitere Links ergänze ich dann hier noch bei Gelegenheit.
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