Netzpolitik – Was wirklich wichtig ist…

Ok, an das Leistungsschutzrecht machen wir jetzt einmal einen Haken. Das Thema ist wohl gegessen und in wie weit sich der Bockmist in Zukunft auf das Internet in Deutschland auswirken wird, werden die Gerichte klären dürfen.

Bleiben also die 4 großen Dauerthemen:

  • Überwachung und Vorratsdatenspeicherung
  • Datenschutz
  • Netzneutralität
  • Urheberrecht

Wenn diese Brocken wirklich angegangen werden sollen, wird dies wohl mehr als genug Zeit und Energie binden. Wir können es uns im Grunde nicht leisten, jeder Mücke hinterher zu laufen wenn die Elefanten im Amok-Modus sind.

Überwachung und Vorratsdatenspeicherung

Hier ist uns letzte Woche leider mit der Neufassung der Bestandsdatenauskunft ein verdammt großer Brocken durch gerutscht. Wir haben das schlichtweg verschlafen bzw. die Politik hat das ganze schön unterm Radar durch den Innenausschuss geschoben und danach im Bundestag durchgewunken. Da die SPD auch schön mit “Ja” gestimmt hat, ist das Thema somit im Bundesrat eigentlich auch gegessen. Eine interessante Randnotiz wird hier das Verhalten von NRW im Bundesrat sein. Nach dem Rot-Grünen Koalitionsvertrag müsste NRW im Prinzip gegen diese Neuregelung stimmen; optimistischer Weise wird aber wohl höchstens mit einer Enthaltung zu rechnen sein (parlamentarische Zwänge und so).

Bleibt also wieder einmal nur Karlsruhe, das Berlin – wieder einmal – den Sinn und Zweck der ersten 19 Artikel des Grundgesetzes erklären muss (leider ist Beratungsresistenz kein Kriterium für eine Amtsenthebung) und für uns, die Netzgemeinde, die Erkenntnis, dass wir uns letztlich nur auf uns selbst verlassen können und müssen, oder wie John F. Nebel es so schön geschrieben hat:

Runter vom Schoß der Macht
Es fing mit dem netzpolitischen Dialog bei de Maiziere an, bei dem wir auf einmal supersuperwichtig waren. Das war gut fürs Ego, aber letztlich auch nur eine Vereinahmungstrategie, die in einer aussichtslosen Beschäftigungstherapie für die herausragendsten Aktivisten in der Enquete-Kommission endete. Zensursula hingegen haben wir gekippt, ohne auf dem Schoß der Macht zu sitzen. Jetzt sollten wir da wieder runter!

Datenschutz

Die Neuregelung auf EU-Ebene kann und darf man im Grunde nicht aus den Augen verlieren. Es ist eine EU-Verordnung und damit EU-weit bindend. Da ich in der Thematik nicht so drin bin, verweise ich an dieser Stelle eher auf die Seiten des Vereins Digitale Gesellschaft oder zu netzpolitik.org.

In diesem Zusammenhang sei auf die EDRi-Broschüre “Activist Guide to the Brussels Maze” (PDF) hingewiesen, welche die Digitale Gesellschaft e.V. ins Deutsche übersetzt hat. Diese Broschüre ist auch beim Thema Urheberrecht weiter unten nützlich.

Ein Wegweiser durch das Brüsseler Labyrinth

Die Broschüre kann auch bei der Digitalen Gesellschaft heruntergeladen werden.

Netzneutralität

Unsere Freunde von der Deutschen Telekom werden über kurz oder lang die echten Flatrates bei DSL abschaffen. Ob der deutsche Michel das frisst? Wahrscheinlich – leider – schon, so lange das IP-TV der Telekom immer noch schön brav durch die Leitung rutscht. Komisch nur, wenn dann die YouTube-Videos seit kurzem stocken und der Download des neuen Online-Spiels so lange braucht.

Wer seine Verbindung einmal offiziell testen möchte, kann dies mit einem Java-Tool der Bundesnetzagentur machen. Ich gehe aber einfach mal davon aus, dass die Provider das Ding erkennen und die Testdaten entsprechend durch reichen. Egal, hier sind meine Ergebnisse (Anschluss: DSL1000)

Urheberrecht

Bin zum 30.03. lief eine öffentliche Konsultation der EU-Kommission zur Richtlinie über die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (IPRED). Das Thema wird also wohl wieder auf die Agenda kommen (Jérémie Zimmermann von La Quadrature du Net hat dies ja bereits in seinem Talk auf der re:publica12 vorweg genommen).

Zusätzlich verhandelt die EU mit den USA wieder über ein Freihandelsabkommen namens TAFTA (Trans Atlantic Free Trade Aggreement) und es sollen wohl wieder Teile über das Urheberrecht und die Durchsetzung desselben (speziell im Netz) in das Abkommen geschrieben werden. Das Kapitel “Intellectual Properties Rights” in TAFTA wird dabei von den gleichen Leuten verhandelt, die es bereits mit ACTA versucht haben. Entsprechend fordern zahlreiche Organisationen diese Teil aus TAFTA zu streichen:

Civil Society Declaration released by 38 European and International organisations, to exclude from the upcoming Trans-Atlantic Free Trade Agreement (TAFTA) any provisions related to patents, copyright, trademarks, data protection, geographical indications, or other forms of so-called “intellectual property”. (Quelle: La Quadrature du Net)

Das der “Krieg gegen das Teilen” eigentlich sinnlos ist, zeigt eine aktuelle Studie der EU-Kommission. Die Autoren der Studie, Luis Aguiar und Bertin Martens, haben dabei das Surfverhalten von 16.000 Nutzern in der EU untersucht, um die Auswirkungen von illegalem Downloaden und legalen Musik-Streaming auf das Kaufverhalten von Musik zu untersuchen.

Dabei kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die überwiegende Mehrheit der Musik nicht legal gekauft worden wäre, wenn die Nutzer diese vorher nicht “illegal” hätten herunter laden können. Oder anders gesagt: Was der Kunde nicht kennt und für gut befindet, kauft er nicht.

All of these results suggest that the vast majority of the music that is consumed illegally by the individuals in our sample would not have been legally purchased if illegal downloading websites were not available to them.

Die Studie kann als PDF auf der Seite der EU-Kommission herunter geladen werden

Zum Nachhören der Themen sei auch die aktuelle (59ste) Folge von Logbuch Netzpolitik empfohlen. Dort geht es, neben den drei erstgenannten Themen, auch noch um den Staatstrojaner und die De-Mail.

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