Neue Petition gegen die Vorratsdatenspeicherung

Markus hat auf Netzpolitik auf eine neue Bundestags-Petition aus dem Umfeld des AK Vorrat hingewiesen:

Petition: Strafprozessordnung – Verbot der Vorratsdatenspeicherung

Text der Petition

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass die verdachtlose Vorratsdatenspeicherung nicht zulässig ist. Darüber hinaus möge er die Bundesregierung auffordern, sich für eine Aufhebung der entsprechenden EU-Richtlinie und für ein europaweites Verbot der Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.

Begründung

Im Zuge einer Vorratsdatenspeicherung werden ohne jeden Verdacht einer Straftat sensible Informationen über die sozialen Beziehungen (einschließlich Geschäftsbeziehungen), die Bewegungen und die individuelle Lebenssituation (z.B. Kontakte mit Ärzten, Rechtsanwälten, Betriebsräten, Psychologen, Beratungsstellen usw.) von 500 Millionen Europäern gesammelt. Eine derart weitreichende Registrierung des Verhaltens der Menschen in Deutschland ist inakzeptabel. Eine Vorratsdatenspeicherung höhlt Anwalts-, Arzt-, Seelsorge-, Beratungs- und andere Berufsgeheimnisse aus und begünstigt Datenpannen und
-missbrauch. Sie untergräbt den Schutz journalistischer Quellen und beschädigt damit die Pressefreiheit im Kern.

In mehreren EU-Mitgliedstaaten sind die Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung, mit denen die EU-Richtlinie 2006/24 umgesetzt werden sollte, von höchsten Gerichten bereits für unvereinbar mit den Verfassungen der jeweiligen Staaten und somit für ungültig erklärt worden. Eine einheitliche Regelung, wie sie die Richtlinie ursprünglich aus Wettbewerbsgründen herstellen wollte, ist daher mit Vorratsdatenspeicherungen nicht herbeizuführen. Die notwendige einheitliche Regelung kann folglich nur darin bestehen, Vorratsdatenspeicherungen jeder Art in allen EU-Mitgliedstaaten zu untersagen.

Die Bundesregierung aufzufordern, die Abweichung Deutschlands von der EU-Richtlinie 2006/24 zur Vorratsdatenspeicherung genehmigen zu lassen (Art. 114 Abs. 4 AEUV) und nötigenfalls die Genehmigung einzuklagen.

Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Gültigkeit dieser Richtlinie und über den Genehmigungsantrag nicht umzusetzen, selbst wenn der Gerichtshof gegebenenfalls eine Geldbuße gegen Deutschland verhängen könnte.

Weiterhin konnte in der Vergangenheit, in der in einigen Staaten bereits Vorratsdatenspeicherungen stattfanden und die Daten für die Strafverfolgung bereitgestellt wurden, nicht schlüssig nachgewiesen werden, dass diese Daten für den vorgesehenen Zweck der Verfolgung schwerer Straftaten zwingend erforderlich sind. Die Erfahrungen lassen nicht erkennen, dass alternative Ermittlungsmethoden signifikante Nachteile für die Strafverfolgung nach sich ziehen.

Umgekehrt besteht bei vielen Menschen die Sorge, dass solche Daten, wenn sie erst einmal angehäuft werden, an verschiedenen Stellen Begehrlichkeiten wecken werden, die ursprünglich vorgesehenen Grenzen für die Verwendung der Daten aufzuweichen, und dass dem Druck der Interessenverbände auf Herausgabe von Daten irgendwann nachgegeben wird.

Die Geschichte lehrt uns, dass das Funktionieren eines demokratischen Staates zwingend davon abhängt, dass sich die Menschen, die in ihm leben, frei fühlen und bewegen können. Die Nutzung von Telekommunikation gehört in der Moderne unabdingbar zur Teilnahme am öffentlichen Leben, an Hilfe- und Selbsthilfegruppen und an politischen Diskussionen. Dieser Grundpfeiler unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung gerät bereits ins Wanken, wenn sich die Menschen beobachtet und kontrolliert fühlen, oder gar unter Generalverdacht gestellt sehen. Eine Einschränkung der persönlichen Freiheitsrechte durch Vorratsdatenspeicherung würde insofern eine ernste Gefahr für unser Land darstellen. Dem sollte sich der Deutsche Bundestag entschieden entgegenstellen und durch Drängen auf ein EU-weites Verbot von Vorratsdatenspeicherungen die Freiheitsrechte für alle 500 Millionen Menschen in der EU verteidigen.

Die Zeichnungsfrist läuft noch bis zum 06. Oktober 2011. Zum jetzigen Zeitpunkt sind es knapp 500 Unterschriften. Je mehr es werden, umso besser.

@kaffeebeimir / opalkatze hat auch den QR-Code in den Kommentaren verlinkt. Wer ihn sich also ausdrucken und als Flyer verteilen will, kann dies auch machen.

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One Comment

  1. Wozu wir in Deutschland noch weitere Überwachungsgesetze wie eine Vorratsdatenspeicherung benötigen, ist mir ein Rätsel.
    Da drängt sich unweigerlich der Verdacht auf, das wir alle bis ins kleinste Detail hin vollständig Überwacht werden sollen!

    Man man sich nur Handygate ansehen, den Handyüberwachungsskandal in Dresden, wo im Februar 2011 fast 1 Million Handys während einer Demonstration, durch die Polizei überwacht und dabei auch abgehört wurden. Und schon wird klar, was heute bereits problemlos in Sachen Handyüberwachung gemacht werden kann und auch gemacht wird!

    Desweiteren werden in Deutschland schon heute alle E-Mails überwacht und problemlos mitgeschnitten!

    Alle Internet und E-Mailprovider in Deutschland müssen nach Telekommunikationsgesetz, bereits seit Januar 2008 Abhörzugänge für die Behörden bereitstellen. Dafür nutzen die Provider ein spezielles Gerät, die sogenannte SINA-Box, der Firma Secunet. Diese Box garantiert direktes, sicheres und sogar verschlüsseltes Überwachen aller E-Mails durch Polizei und andere Behörden.

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