Manchmal wünschte man sich, der Tag könnte 36 Stunden haben, um all die ganzen tollen Podcasts zu hören:
Da wäre als erstes die 25. Folge von Wir müssen Reden (von @mspro und @343max). Thema war unter anderem der aktuelle Status der Netzpolitik und der netzpolitischen Lobby in Deutschland und die Debatte war extrem emotional. Die Einzelheiten muss ich dann mal nach hören, sobald der Podcast online ist (was dauern könnte, denn das Teil hatte massive Überlänge)
Während dieser Diskussion kamen in mir 2 Fragen auf:
- Wie machen wir die Netzpolitik zu einem positiven Thema?
Derzeit scheint die Netzpolitik wohl eher ein Themenfeld zu sein, vor dem die Politik Angst hat (wie auch die Bildungspolitik, siehe gescheiterte Bildungsreform in Hamburg). weil man damit anscheinend verlieren kann. Sprich: Wie wird die Netzpolitik zu einem Thema dem sich Politiker gerne annehmen, weil es als positives Gestaltungsthema verstanden wird?
Nun, ein Argument wäre: Es ist Neuland. Hier kann Politik noch ihren eigentlichen Auftrag – den der Gestaltung – wahrnehmen. Dafür braucht sie Mut und Phantasie. Es ist ein Politikfeld, in dem sich junge – oder geistig jung gebliebene – Politiker beweisen können. - Wie können wir den Leuten in einer Sprache, die auch normale Menschen verstehen, vermitteln, warum wir gegen die Vorratsdatenspeicherung und Netzsperren sind. Warum kämpfen wir so für ein freies Netz?
Beispiel Vorratsdatenspeicherung: Hätte es die 68er-Demos gegeben, wenn es damals schon möglich gewesen wäre, alle Kommunikationsverbindungen über 6 Monate zu speichern und auszuwerten?
Beispiel Netzneutralität: Eine Grundforderung der Netzneutralität ist die freie Konnektivität, sprich ich als Nutzer entscheide mit wem ich auf welche Weise in Kontakt trete. Ich verbinde mich dabei mit anderen direkt. Auf die analoge Welt übertragen wäre ein nicht neutrales Netz so, als ob nur bestimmte Autofahrer – mit bestimmten Marken – die Autobahn benutzen dürfen. Der Rest muss über überfüllte Landstraßen fahren oder extra für die Autobahn zahlen. Oder der Staat bestimmt, welche Straßen ich zu welchem Ziel benutzen darf. Beispiel: Von Frankfurt nach Köln muss ich die A5/A45/A5 benutzen, auf dem Rückweg muss ich dann die A3 fahren.
Beispiel Netzsperren: Grundsätzlich verletzten Netzsperren das Prinzip der Netzneutralität, weil das Prinzip der freien Konnektivität gebrochen wird. Nun hat, wie unser Grundgesetz postuliert, jede Freiheit ihre Grenzen wenn diese die Freiheit oder Würde anderer verletzt. Auf der anderen Seite geht unser Grundgesetz und unsere Rechtsordnung von einem freien, selbstbestimmten, vernünftigen und aufgeklärten Bürger aus. Dies beinhaltet für mich zumindest auch eine Verantwortung des Individuums als auch der Gesellschaft als ganzes. Wenn wir also die Lösung von Problemen im Internet auf technische und nicht transparente Verfahren abwälzen, drücken wir uns vor unserer Verantwortung. Statt Probleme zu erkennen und zu lösen, schauen wir weg. Dies ist eigentlich ein erbärmliches Verhalten und wird dem Anspruch, den wir an uns stellen, nicht gerecht.Fazit: Wenn mich also jemand fragen würde, warum ich für ein freies, neutrales und offenes Internet kämpfe, so würde ich mit meiner Antwort Konrad Adenauer zitieren: “Wir wählen die Freiheit!“.
Als zweites möchte ich den Online-Talk von Dradio Wissen empfehlen. Thema der Sendung ist Hacktivismus – Zukunft der politischen Aktion.
Die Gruppierungen, die keine Vertreter und Chefs haben, aber in der Öffentlichkeit immer wieder mit wortstarken Statements zur Verkündung und Beschreibung ihrer Aktionen auftreten, scheinen so etwas wie Keimzellen oder erste Ausprägungen ganz neuer Aktionsformen zu sein.
Das ursprüngliche Ziel von Anonymous war der Kampf gegen die Sekte Scientology im Internet und die Verteidigung der Redefreiheit. Die Sekte konnte in der Vergangenheit wiederholt durchsetzen, dass Informationen über sie aus dem Netz entfernt wurden. Anonymous unterminiert die Scientology-Bestrebungen zum Beispiel mithilfe von Verteilten Dienstblockaden (englisch Distributed Denial of Service -DDoS).
In letzter Zeit hat die Aktionsgruppe viel öffentliche Aufmerksamkeit bekommen – zum Beispiel seit den Angriffen auf Kreditkartenunternehmen wegen deren Sperrung von Wikileaks-Accounts oder auch den Hacks von Sony.
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Es diskutieren mit Jürgen Kuri (Twitter: @jkuri), stellv. Chefredakteur der c’t und verantwortlich für heise online, im c’t-Onlinetalk:
Anne Roth (Twitter: @annnalist), Journalistin, Politologin und Bloggerin, die vor allem über Terrorismus-Diskurse, Überwachung, Politik und Medien schreibt.
André Meister (Twitter: @ilf), Sozialwissenschaftler, Mitarbeiter bei netzpolitik.org, Mitglied bei Digitale Gesellschaft, der “kampagnenorientierten Initiative für eine bürgerrechts- und verbraucherfreundliche Netzpolitik”, wie sie sich selbst beschreibt. Nebenbei ist er auch SysAdmin, der selbst schon mit DDoS-Angriffen zu kämpfen hatte.
Jan-Keno Janssen (Twitter: @elektroElvis), Medienwissenschaftler, c’t-Redakteur, der sich intensiv mit Anonymous und ihren Aktionen beschäftigt hat.
Direkter Download als mp3. Anne Roth hat auf ihrem Blog auch das, im Talk angesprochene Video von Anonymous verlinkt.
Empfehlenswert in diesem Zusammenhang ist auch der Beitrag von Gabriella Coleman über Geek Politics and Anonymous auf der Re:publica11.
Als drittes und passend zum Online-Talk beschäftigt sich auch die heutige Sendung von Breitband u.a. mit DDOS (Sitzstreik oder Straftat? Distributed Denial of Service-Attacken im Rampenlicht).
Wer sich öffentlich artikulieren will und Protest ausdrücken möchte, der kann auf die Straße gehen und demonstrieren. Auch ein Sitzstreik, oder Blockaden sind probate Mittel im gewaltfreien Protest – auch wenn sie nicht in jeder Situation als legitim gelten. Aber wie sieht das in der Online-Welt aus? Seit dem Aufkommen der Anonymous-Gruppe häufen sich Netz-Blockaden per DDOS-Attacke. Ist das öffentlicher Protest im Netz oder virtueller Vandalismus? Wie könnte eine Onlinedemonstration aussehen und ist das vorübergehende lahmlegen einer Webseite legitim? Darüber haben wir mit Hal Roberts geredet, der mit seinem Team am renommierten Berkman Center For Internet & Society dieseAngriffe analysiert.
Er vertritt eine ganz andere These als Richard Stallman, Präsident der Free Software Foundation, der ebenfalls zu Wort kommt.
Vorher erklärt aber Michael Gessat, wie diese DDOS-Aktionen überhaupt funktionieren und wie die Gesetzeslage das Lahmlegen von Webseiten per Knopfdruck einordnet.
Vor allem Richard Stallman hat hier eine recht deutliche Meinung. So sagt er zu DDOS im allgemeinen:
“Ich stimme den meisten Aktionen, von denen ich gehört habe, mehr oder weniger zu. Aber man muss sich in jedem Fall anschauen, welches Unrecht die getan haben, gegen die sich die Proteste richten und auf Basis dessen darüber urteilen.
So ist seine Sicht zum Sony-Crack wie folgt:
“Sony hatte zuvor etwas unerhörtes getan. Per Update wollte der Konzern verhindern, dass Nutzer freie Software auf ihre Playstation3 spielen.” Laut Stallman hatte Sony somit Sabotage an den Rechnern ihrer Kunden verübt und sagt: “Das ist etwas, für das ein Sony-Geschäftsführer ins Gefängnis wandern sollte aber unsere Gesetze begünstigen Unternehmen, unsere Regierungen ordnen sich der Wirtschaft unter. Diese Ungerechtigkeit von Sony ist die Wurzel der Situation, die wir jetzt haben. Sie haben einen Computer gebaut, der seinen Nutzern digitale Handschellen anlegt.”
So, bevor das ganze noch mehr Text wird, setzte ich hier erst einmal einen Punkt. Sobald ich die Debatte beim WMR-Podcast nochmal nach gehört habe, ergänze ich den Text ggf. noch einmal.
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