Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat mehrere Verbände eingeladen, zum aktuellen Referentenentwurf des Netzsperren-Aufhebungsgesetzes stellung zu nehmen, darunter MOGIS, der AK Zensur und den Verein Digitale Gesellschaft e.V. i.Gr.
Die Digitale Gesellschaft fordert u.a.:
Nach unserer Auffassung müssen Netz-Sperren – ob staatlich oder privat motiviert – für die Zukunft ausgeschlossen werden. Daher schlagen wir vor, das Telekommunikationsgesetz um einen §88a “Nichtanalyse / Nichtunterdrückung” zu ergänzen, in dem jede willkürliche Analyse, sowie jede Sperrung von Inhalten, Ziel- und Anfrage-adressen auf Providerebene für grundsätzlich unzulässig erklärt wird. Es handelt sich also um eine Konkretisierung und Ergänzung zum §88 TKG (Fernmeldegeheimnis). Diese Änderung würde auch der Klarstellung dienen, dass die geschilderten Eingriffe in den Internet-Verkehr zugleich Eingriffe in das Telekommunikationsgeheimnis aus Art. 10 Abs. 1 GG darstellen und als solche grundsätzlich unzulässig sind.
MOGIS e.V. schreibt u.a.:
[…] dass im Zuge der Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes das Fernmeldegeheimnis (§88 TKG) dahingehend zu präzisieren sei, dass Zugangsprovidern das Sperren von Inhalten (und des Zugangs) ebenso wie die Analyse von Inhalts- und Verkehrsdaten Ihrer Kunden nur zur Aufrechterhaltung des Netzbetriebes erlaubt und sonst bei Strafe verboten sind.
MOGIS äußert darüber hinaus ihr Bedauern, dass “mit der Außerkraftsetzung die eigentlich geplante Evaluierung der Löschbemühungen der Polizeibehörden nicht stattfinden wird“. Laut MOGIS wäre dies nötig, “um die Prozesse der Entfernung der Darstellung sexuellen Kindesmissbrauchs aus dem Internet zu verbessern“.
Sehr ausführlich äußert sich der AK Zensur in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf. Zusammenfassend schreibt er:
b) Die vorliegende Entwurfsfassung eines Aufhebungsgesetzes weist Lücken auf. Es werden nicht alle Änderungen des Telekommunikationsgesetzes, die auf die Einführung des Zugangserschwerungsgesetzes zurückzuführen sind, aufgehoben. Teilweise ist dies zu begrüßen (vgl. § 96 Abs. 2 TKG), teilweise ist dies aus Sicht des AK Zensur jedoch auch abzulehnen (vgl. § 96 Abs. 1 TKG).
c) Dem AK Zensur erscheint es wünschenswert, weiterhin den Weg eines multilateralen völkerrechtlichen Vertrages zu beschreiten, um für die weltweiten Löschungsbemühungen einen gesicherten, weltweit verpflichtenden rechtlichen Rahmen zu schaffen.
d) Nach Auffassung des AK Zensur ist es angezeigt, dass die Errichtung von Netzsperren gesetzlich ausgeschlossen wird. Auch aus Gründen der Rechtsklarheit und aus praktischen Erwägungen heraus rät der AK Zensur hierfür zu einer Grundgesetzänderung. Damit einhergehend sind eine Internetdienstefreiheit und die grundrechtliche Absicherung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme in der Verfassung zu kodifizieren.
e) Der AK Zensur hält eine unabhängige und ausführliche wissenschaftliche Evaluierung der Anwendung des Zugangserschwerungsgesetzes bzw. der Löschbemühungen für zwingend erforderlich.
Bezüglich der grundsätzlichen Regelung (Verbot von Netzsprerren im Grundgesetz) führt der AK Zensur aus:
[…] Eine direkte Verankerung eines Verbotes von Netzsperren in der Verfassung (ohne jede Schrankenregelung) stellt sich als die legislativ letztlich formal einfachste und rechtsstaatlich klarste Lösung dar. Sie besitzt den praktischen Vorzug, dass gegenüber einfachgesetzlichen Regelungen im Bund und in den 16 Bundesländern formal nur ein Gesetzgebungsverfahren durchgeführt werden müsste.
Der AK Zensur begründet dies mit der zunehmenden Bedeutung, welche das Internet für die gesellschaftliche und individuelle Kommunikation gewinnt. Daher sei eine verfassungsrechtliche Absicherung dieses Kommunikationsinstruments angezeigt. Die vollständige Stellungnehme des AK Zensur findet sich hier (Text als PDF).
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